geb. Mendelssohn (1805-1847)
Fanny wird am 15. November 1805 als erstes Kind des Hamburger Bankiers Abraham Mendelssohn und seiner Frau Lea geboren. Vier Jahre später kommt der Lieblingsbruder, Felix, zur Welt und nach weiteren zwei Jahren die Schwester Rebecka.
Die jungen Mendelssohns erhalten eine vielseitige Allgemeinbildung. Fanny lernt Englisch, Französisch, Latein und Griechisch. Sie liest begeistert Werke von Shakespeare und die Erzählungen Jean Pauls, ebenso wie Humboldts Kollegien über physikalische Geographie. Fanny entwickelt ein bemerkenswertes literarisches Talent.
Die musikalische Ausbildung ist intensiver, als bei höheren Töchtern üblich. Fanny spielt mit 13 Jahren alle Präludien und Fugen des Wohltemperierten Klaviers von J.S.Bach auswendig, erhält jedoch nie die Gelegenheit, ihr Talent außerhalb des Elternhauses zu demonstrieren.
Das Aufbegehren der Tochter, ebenso wie ihr Bruder Felix gefördert zu werden, beantwortet der Vater: „…die Musik wird für ihn (Felix) vielleicht Beruf, während sie für dich stets nur Zierde, niemals Grundbasis deines Seins und Tuns werden kann und soll“.
Die intelligente, zynische, über ihre Frauenrolle so kritisch denkende Fanny hat aber im stillen Kämmerlein fleißig weiter komponiert. Handschriftliche Korrekturen beweisen, dass sowohl ihrem Bruder Felix als auch dem Kompositionslehrer Carl Friedrich Zelter ihre Klaviermusik bekannt war. Doch die wirklich anspruchsvollen, umfangreichen Kompositionen hat sie offensichtlich heimlich geschrieben. Erst 1965, als das Erbe des Mendelssohns in die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeht, wird offensichtlich, dass Fannys Stärke auf dem Gebiet der großen Form lag. Es finden sich Klaviersonaten, Streichquartette, Chöre, Ouvertüren und Kantaten,, Oratorien und „Szenen zu lebenden Bildern“ darunter.
Was Fanny über ihre Zurücksetzung gegenüber dem Bruder hinweghalf, waren ihr Familienbewusstsein, ihre Fähigkeit zu Distanz und Kritischem Blick auf ihre „Frauenrolle“, ihre heimlich weiter betriebene Kompositionstätigkeit und ihre intensive Beziehung zu Felix. Als seine musikalische Ratgeberin schreibt sie im Jahre 1833 stolz: „….er hat keinen musikalischen Ratgeber als mich, auch sendet er nie einen Gedanken aufs Papier ohne ihn mir vorher zur Prüfung vorgelegt zu haben.“ Sie fasst es geradezu als Kompliment auf, wenn er ihr ein unvollendetes „Lied ohne Worte“ nach Hause schickt mit der Bemerkung, sie möge den zweiten Teil hinzufügen. So stammen viele der genialen Jugendwerke des „großen Meisters“ in Wirklichkeit zumindest in Teilen von Fanny.
In der Romantik galt dieser Umgang mit geistigem Eigentum als eine Art beiderseitiger Liebeserklärung. Beim Ehepaar Schumann wird ähnliches beobachtet und Dorothea Schlegel betätigt sich auch für ihren Mann, um ihm „in Demut als Handwerkerin Brot zu schaffen“. Auch Felix sieht in Fanny seinen Lebensinhalt, als sie 1847 stirbt, komponiert er noch ein trauriges Streichquartett in F-Moll, sagt alle Verpflichtungen ab und erliegt noch im gleichen Jahr den Folgen eines Schlaganfalles.
1829 heiratet Fanny den Maler Wilhelm Hensel. An der Seite dieses vorurteilslosen Künstlers beginnt eine fruchtbare Schaffensperiode. Die „Sonntagsmusiken“ in dem Berliner Familiendomizil werden über den familiären Rahmen hinaus ausgedehnt auf die Aufführung ihrer Kompositionen für große Besetzung. Alle Größen der Berliner Kulturszene verkehren bei Mendelssohns.
1830 wird der Sohn Sebastian geboren und 1835, nach dem Tod des Vaters, wird Fanny zum heimlichen Mittelpunkt der Familie. Eine beinahe tägliche Korrespondenz mit der Mutter Lea, Schwester Rebecka und Bruder Felix belegen Fannys zunehmende Verbitterung über ihre unbefriedigende Arbeitssituation. Felix beharrt auf seinem offen bekundeten Unwillen gegen eine professionelle Kompositionstätigkeit seiner Schwester.
Fanny fährt mit Mann und Kind 1839 nach Italien. Dort empfängt sie neue Impulse. Die Anerkennung in den Künstlerkreisen dort spornt sie an und es entstehen in den Jahren 1839-1841 viele Kompositionen, ihr „musikalisches Tagebuch“, wie sie es in ihrem literarischen „Italienischen Tagebuch“ nennt. Unter anderem entsteht der große Klavierzyklus „Das Jahr“, welches Wilhelm Hensel in der Reinschrift illustriert. Auf Drängen ihres Mannes bringt sie einen Teil ihrer Kompositionen zur Veröffentlichung, so auch „September“ aus diesem Zyklus.
Fanny Hensel stirbt 1847 mitten in den Proben zu einer „Sonntagsmusik“ an einem Herzanfall.
Weitere Informationen:
http://www.fannyhensel.de
http://de.wikipedia.org/wiki/Fanny_Hensel
http://www.fembio.org/biographie.php/frau/feature/fanny-hensel-geb-mendelssohn/beruehmte-komponistinnen
http://furore-verlag.de/komponistinnen/uebersicht_a-z/h/